Fanfiction
Im Fahrstuhl
Autor: ResiMarie trank sie beinahe halb leer. Kleine Schweißperlen bildeten sich auf ihrer Stirn. "Langsam finde ich es nicht mehr komisch", sagte sie leise und schwach. Sandra wünschte sich, irgendetwas dafür tun zu können, um die Sache zu beschleunigen. So sehr sie es auch genoß, mit Marie zusammen zu sein, so unwohl fühlte sie sich doch dabei zu wissen, daß es Marie nicht gut ging. Ihr eigenes körperliches Wohl ließ ebenfalls nach, doch das registrierte sie nur am Rande. "Sie kommen bestimmt gleich", versuchte sie, Marie und sich selbst zu beruhigen. Marie sagte gar nichts mehr. Sie schloß die Augen und lehnte den Kopf nach hinten an die Wand. Sandras Brief lag zwischen ihren Beinen, und sie hielt Sandras Mineralwasserflasche mit beiden Händen umklammert. Sandra hätte gerne auch einen Schluck daraus genommen, denn ihre Kehle war mittlerweile knochentrocken, aber sie wagte es nicht, sie Marie aus den Händen zu nehmen. Statt dessen sah sie sie von der Seite an und stellte insgeheim fest, daß sie einige kleine Fältchen mehr an den Augen hatte, als man sie auf den meisten Fotos sah, und sie sah, daß Marie kurze, kaum sichtbare blonde Härchen am Haaransatz hatte. Sie hatte diese Härchen schon in so manchen Videoclips gesehen, wenn Marie von Scheinwerfern von hinten beleuchtet worden war. Ihre Haut mußte an diesen Stellen unheimlich weich sein. Weich wie Samt.
Plötzlich drehte Marie den Kopf zur Seite und sah Sandra direkt in die Augen. Sie sah müde und abgekämpft aus. "Weißt du", sagte sie, "zuerst habe ich mich geärgert, daß du noch mit in den Fahrstuhl gesprungen bist. Inzwischen bin ich froh darüber. Nicht auszudenken, wenn ich hier allein sitzen würde." Sandra lächelte verlegen. "Wie bist du überhaupt ins Hotel gekommen?" wollte Marie wissen. "Ich dachte, unsere Aufpasser hätten niemanden vorbeigelassen." Sandra überlegte kurz, ob sie es Marie erzählen sollte. Was soll´s, dachte sie dann, es ändert ohnehin nichts. "Wir sind durch eine Hintertür reingeschlichen." "'Wir'?" "Meine Freundin und ich." "Die Brünette, die hinter Per hergelaufen ist?" Sandra staunte über Maries gigantisches Gedächtnis. "Ja, genau die." Marie schmunzelte. "Wer weiß, vielleicht steckt sie zur selben Zeit mit Per in einem anderen Fahrstuhl fest." Das wäre ihr zu wünschen, dachte Sandra, doch sie nahm sich zusammen, es nicht laut zu sagen. "Aber sie hätte keinen Spaß daran, glaube ich", sagte Marie, "Per haßt enge und verschlossene Räume. Ich auch, übrigens, aber bei ihm ist es schlimmer."
Sandra stellte sich vor ihrem inneren Auge vor, wie Andrea mit Per in einem Fahrstuhl festsaß und Per sie beinahe verrückt machte mit seiner Hysterie. Sie mußte lachen und gluckste in sich hinein. Marie nahm noch einen Schluck aus Sandras Flasche. "Entschuldigung", sagte sie dann und gab sie Sandra zurück, "Ich trinke dir ja alles weg." "Das macht nichts. Wirklich nicht." "Du solltest auch was trinken, du siehst auch ein bißchen blaß aus." Okay, dachte Sandra, wenn du es unbedingt so willst, und setzte den Flaschenhals, der sich eben noch zwischen Maries Lippen befunden hatte, an ihren Mund. Verrückte kleine Gedankenfetzen huschten durch ihren Kopf, während sie trank, Gedanken, die sie eigentlich nicht zu denken wagte und von denen sie froh war, daß Marie sie nicht kannte und niemals kennen würde. Plötzlich klopfte von außen jemand an die Fahrstuhltür. Sandra und Marie fuhren gleichermaßen erschrocken zusammen. "Hallo?" rief eine Männerstimme von außen. Sandra sprang sofort auf und ging nah an den schmalen Türspalt zwischen den beiden Schiebetüren. "Hallo!" schrie sie. "Wir holen Sie jetzt raus!" rief der Mann. "Treten Sie zurück. Vorsicht." Sandra tat, was er sagte. Auch Marie war jetzt aufgestanden. Nebeneinander standen sie an der der Tür gegenüberliegenden Wand und warteten gespannt auf das, was kommen würde. Etwas schob sich zwischen die beiden Türelemente, ein Brecheisen oder ähnliches, und dann wurde die Tür auseinander gedrückt.
Durch den jetzt etwas breiteren Spalt sahen Sandra und Marie, daß der Fahrstuhl genau zwischen zwei Stockwerken steckte. Der Boden befand sich in ihrer Bauchhöhe, und sie konnten die Beine der Menschen im einen und die Köpfe derer im anderen Stockwerk gleichermaßen sehen. Der Mann, der die Tür aufstemmte, befand sich im oberen der beiden Stockwerke. Er trug einen blauen Overall und hatte noch zwei Kollegen dabei, die ähnlich muskulös gebaut waren wie er und ebenfalls blaue Overalls trugen. Zwei der Männer stemmten jetzt je eine der Türhälften zur Seite. Der dritte hockte sich hin und warf einen Blick ins Fahrstuhlinnere. "Kommen Sie erstmal da raus", rief er, "Ich helfe Ihnen!" Sandra sah zur Seite. "Du zuerst", sagte sie zu Marie, und Marie vertraute sich dem Kraftpaket an, der sie mit einem Ruck auf das obere Stockwerk hiefte, als sei sie so leicht wie eine Feder. Marie war von seiner Kraft sichtlich beeindruckt. Sandra hob schnell den Brief auf, den Marie auf dem Fahrstuhlboden hatte liegen lassen. Dann hob der Mann auch Sandra heraus. Die beiden anderen Männer ließen die Türelemente wieder los, und die fielen krachend wieder zusammen. "Vielen Dank!" Marie bedankte sich überschwenglich bei den kräftigen Rettern. "Ich hätte es auch keine Sekunde länger darin ausgehalten."
Auch Sandra bedankte sich. "Dabei wollte ich eigentlich nichts weiter als zu meinem Zimmer", sagte Marie, noch außer Atem, bedingt durch ihren schwachen Kreislauf. Sie war ein bißchen durcheinander, machte sich auf die Suche nach einer Treppe. Sandra wies ihr den Weg, begleitete sie. "Jetzt auch noch Treppen steigen", seufzte Marie. Sandra stieg hinter ihr die Stufen hinauf, paßte auf, daß Marie nicht vielleicht doch noch einen Kreislaufzusammenbruch erlitt. Doch es ging gut. Als sie im siebten Stock ankamen, waren beide noch mehr außer Atem. Sandra folgte Marie noch bis zu ihrer Zimmertür, und als Marie den Schlüssel in die Tür steckte, hielt sie ihr den Brief hin. "Vergiß den nicht." Marie war es sichtlich unangenehm, daß sie den Brief einfach so hatte liegen lassen. "Oh, entschuldige bitte." Sie zog ihn zwischen Sandras Fingern heraus. Dann lächelte sie sie an. "Ich bin wirklich froh, daß ich da drin nicht allein war", sagte sie. "Danke, daß du so lieb auf mich aufgepaßt hast." "Ich habe ja nicht viel gemacht." "Doch, doch. Mehr als du denkst. Und immerhin durfte ich etwas von deinem Wasser trinken." "Das ist doch selbstverständlich!" entgegnete Sandra entrüstet. Marie legte den Kopf schräg. "Trotzdem danke. - Sehen wir uns morgen?"
Am nächsten Tag sollte erst die eigentliche Promotion-Veranstaltung stattfinden. "Klar!" strahlte Sandra. "Okay. Bis dann." Und dann machte Marie plötzlich einen Schritt auf Sandra zu und nahm sie in ihre Arme. Bevor Sandra begriff, was geschah, hatte sie Maries Umarmung auch schon erwidert, ganz automatisch, wie man es eben tut, wenn man von jemandem umarmt wird. Sie hatte Maries superschlanken Körper in ihren Armen, spürte Maries weiche Wange an ihrer Wange, ihre Brüste an den eigenen, und atmete ihren Duft ein. Beinahe ließen ihre Beine sie im Stich. Nur ein paar Sekunden dauerte die Umarmung, aber auch, nachdem Marie schon die Zimmertür hinter sich geschlossen hatte, konnte Sandra sie noch immer spüren. Ihr Körper war wie elektrisiert, und einen Moment lang glaubte sie, sie würde sich nie mehr bewegen können.
Sie wußte nicht, wie lange sie dort so gestanden hatte, als plötzlich jemand an ihr vorbeiging und direkt vor Maries Zimmertür stehen blieb, jemand, der um einiges größer war als sie selbst, und sie fragend anblickte. Sandra sah zu ihm auf. Es war Per. "Ist sie da drin?" fragte er sie, als sei es das selbstverständlichste der Welt, daß er einen Fan danach fragen mußte, ob Marie in ihrem Zimmer war, und er schien sich nicht einmal darüber zu wundern, daß Sandra überhaupt da stand, wo sie stand. Geistesabwesend nickte sie, und dann klopfte Per an Maries Tür. Sandra trat einen Schritt zur Seite; Marie mußte ja nicht sofort sehen, daß sie immer noch hier stand. Marie öffnete und sprach leise etwas mit Per, was Sandra nicht verstand, doch dann zeigte sie in Sandras Richtung, woraufhin Per sich umwandte und Sandra ansah - offensichtlich erzählte sie ihm gerade, daß Sandra ihr im Fahrstuhl Gesellschaft geleistet hatte.