Fanfiction
En mazarin, älskling?
Autor: Madame F.Micke war gar nicht so aufgebracht, wie Marie es sich gedacht hatte. Er spielte mit den Kindern und war offensichtlich bester Laune, als sie in das Zelt zurückkam. "Tut mir leid", sagte sie mit einer entschuldigenden Geste. "Schon ok", zwinkerte er. "Wir haben in der Zwischenzeit den schiefen Turm von Pisa mit Legosteinen nachgebaut." Er grinste breit und deutete auf ein ziemlich krummes Bauwerk auf dem Boden.
Das Konzert wurde ein voller Erfolg. Per genoss es, von der Menge gefeiert zu werden und seine Stimmung stieg von Lied zu Lied immer mehr. Für zwei Stunden ließ er alles hinter sich und lebte in seiner Musik. Erst als er nach der Zugabe und nach einer kleinen Autogrammstunde kurz nach dem Konzert wieder hinter der Bühne war und mit seinen Kollegen anstoßen konnte, wurde alles wieder real. Er versuchte, Maries Blick auszuweichen, nicht auffällig zu wirken, doch wenn sie sich ansahen, war es dafür umso intensiver.
Die Bolyos-Familie verabschiedete sich recht früh von der Party und Per zwinkerte ihr kurz zu. Beiden war bewusst, dass nun wieder zwei Wochen vergehen würden, bis sie sich sahen.
Erschöpft, aber glücklich stieg Marie am nächsten Mittag in den Flieger. Per hingegen bereitete sich schon auf den nächsten Auftritt in Helsingborg vor, auch wenn er das nur äußerlich tat. Seine Gedanken blieben die ganze Zeit über bei Marie. Vergiss mich nicht. ;-), lautete seine SMS, die sie bekam, als sie in Stockholm gelandet war und ihr Handy wieder eingeschaltet hatte. Wie konnte er glauben, dass sie ihn vergessen würde, fragte sie sich gedankenverloren. Wo er doch die ganze Zeit in ihrem Kopf umher geisterte.
Entnervt legte Marie die Kopfhörer zur Seite. Das hörte sich irgendwie nicht so an, wie es eigentlich sollte. Sie suchte die LÖSCHEN-Taste auf dem Mischpult, um dieses Arrangement sofort wieder aus ihrem Gedächtnis zu streichen. Alleine machte ihr das Aufnehmen neuer Songs eigentlich keinen Spaß mehr, aber bis Micke wieder nach Hause kam, würde es wohl noch ein paar Stunden dauern und so lange hatte sie nicht warten wollen.
Sie ärgerte sich über sich selbst, dass sie nicht gewartet hatte und dieses neue Lied nun einen faden Beigeschmack hinterlassen hatte. Aber sie war sich sicher, dass Micke mit Sicherheit noch eine gute Idee haben würde.
Sie ging in die Küche und setzte einen Tee auf, in der Zwischenzeit begann sie, die Zimmer ihrer Kinder aufzuräumen, die noch in der Schule waren. Josefin hasste es, wenn ihre Mutter in ihrem Zimmer Ordnung schaffte, als Marie daran dachte, musste sie unweigerlich schmunzeln.
Der Gedanke an Per kam wie jeden Tag ganz von alleine. Seit fast einem Monat hatte sie nun nichts mehr von ihm gehört. Sie machte es sich auf dem Sofa bequem, wärmte ihre Hände an der Teetasse, obwohl es Hochsommer war und draußen und drinnen ausreichend warm. Zum Stockholm-Konzert hatte sie nicht gehen können und sie glaubte immer noch, dass Per wohl dachte, dass sie absichtlich nicht gekommen war.
Sie hatte mehrfach versucht, ihn an diesem Tag anzurufen, aber sein Handy war abgeschaltet. Am Ende begnügte sie sich mit seiner Mailbox, auf die sie eine ziemlich wirre Nachricht gesprochen hatte. Kein Wunder, dass er sauer auf sie sein musste und sich nicht meldete.
Jetzt war es Ende August, seine Tournee war schon lange zu Ende und er war in der Zwischenzeit mit seiner Familie im Urlaub, wie sie aus der Presse erfahren hatte. Allein der Gedanke daran, wie er mit Åsa am Strand lag und mit Gabriel Sandburgen baute, versetzte ihr Stiche.
Während sie auf der Couch lag und auf das leblose Handy starrte, überlegte sie, ob sie ihn anrufen sollte. Doch ihr Stolz hinderte sie wieder einmal daran. Es war an ihm, sich zu melden, er war dran, nicht sie, dachte sie trotzig. Und doch hatte sie solche Sehnsucht nach ihm. Nach seinen großen, weichen Händen, seinem warmen Atem, seinen zarten Berührungen. Warum nur meldete er sich nicht?
Sie konnte ja nicht ahnen, dass Pers Leben in der Zwischenzeit eine Wendung erfahren hatte. Er hatte gedacht, dass er vorsichtig genug gewesen sei, doch Åsa war hinter seine Affäre gekommen. Sie wusste nicht, wer sie war, aber sie wusste, dass sie existierte. Sie hatte einen Vermerk des Hotels gefunden, in dem die Nutzung einer kleinen Suite aufgeführt war. Sie hatte ihn gefragt, um was es da ging, doch er log mehr schlecht als recht und Åsa wusste schnell was los war.
Per haderte mit sich, taumelte zwischen Wahrheit und Leugnen. Einerseits war er froh, dass die Sache von alleine aufgeflogen war, aber Åsa nicht wusste, dass es Marie war - das hätte ihr den Rest gegeben. Andererseits war er mehrfach kurz davor gewesen, ihr alles zu gestehen.
Doch sie war großartig gewesen. Hatte ihm verziehen und darum gebeten, sich eine zweite Chance zu geben. Was sollte er anderes tun, als JA sagen? Er war mit ihr immerhin schon fast 20 Jahre zusammen. Seit dem letzten Konzert der Tour war es für beide ein Wechselbad der Gefühle gewesen. Sie hatten sich immer wieder heftig gestritten, danach noch heftiger geliebt und wieder versöhnt. Beide waren so ausgelaugt davon, dass der Urlaub gerade recht kam. Sie nutzten ihn, um sich auszusprechen und kamen sich so wieder näher.
Umso schlechter fühlte sich Per, weil seine Gedanken die meiste Zeit über immer noch bei Marie waren. Er hatte es nicht gewagt, sie anzurufen. Er fühlte sich wie ein mieser Feigling ihr gegenüber. Wo er sich doch nichts sehnlicher wünschte, als wieder ihren schnellen Atem zu spüren und zu hören. Ihre Beine, die sich um ihn schlangen und ihre Finger, die sich in seinen Rücken krallten, wenn die Lust am größten wurde.
Doch viel länger konnte er sich nicht herausreden. Weder seiner Familie, noch Marie gegenüber. Er wollte unbedingt reinen Tisch machen, nur wusste er nicht, wie und zu Gunsten von wem.
Als er die Büros der EMI verließ und sich kurz darüber freute, dass die zwei Auftritte in Norwegen und Finnland klappen würden, entschied er sich, direkt bei Marie vorbei zu fahren. Er sah auf die Uhr. 16.30 Uhr. Hoffentlich würde er sie antreffen. Wenn sie mit ihrem Boot draußen war, war es hoffnungslos, auf sie zu warten. Manchmal kamen sie erst spät abends wieder zurück und er wollte Åsas Geduld nicht zu sehr strapazieren, auch wenn es in ihren Augen "nur" Marie war.
Er parkte den Wagen auf der Straße und schritt die lange Einfahrt hinauf. Er konnte die Autos sehen, vielleicht hatte er Glück und würde sie erwischen. Ihr Gesicht, wenn sie ihn sah, konnte er sich jetzt schon vorstellen und es gefiel ihm nicht wirklich.
Nachdem er drei Mal geklingelt hatte und niemand reagiert hatte, drehte er schon ab. Doch dann entschloss er sich, so weit es möglich war, um das Haus zu gehen. Als er den Blick schweifen ließ, konnte er sehen, dass jemand da war. Und auch, wenn er nur einen Schatten sah, er wusste, dass es Marie war. Und sie musste alleine sein, sonst hätte schon längst jemand geöffnet. Anscheinend wollte sie ihn also nicht sehen. Er konnte es ihr nicht verübeln.
Er ging wieder zur Eingangstür und klopfte. "Marie, ich weiß, dass du da bist. Mach' doch bitte auf", sagte er sehr laut Keine Reaktion. "Ok, wie du willst. Ich werde mich jetzt hier hinsetzen und warten, bis du aufmachst." Er hatte sich kaum hingesetzt, als sich die Tür öffnete. "Glaub' ja nicht, dass ich wegen dir aufgemacht habe. Aber die Nachbarn…du weißt ja. Komm' rein." Sie hielt die Tür auf und deutete ihm mit einer Geste, hinein zu gehen. Er wollte sie umarmen, als sie sie geschlossen hatte, doch sie neigte den Kopf und entzog sich mit einer geschickten Drehung seiner Berührung, nach der sie sich wochenlang so gesehnt hatte.
Sie führte ihn in die Küche. "Du weißt also noch, wo ich wohne. Wie beruhigend", entgegnete sie ihm sarkastisch. Per verzog das Gesicht und Marie wusste, dass etwas nicht stimmte. Aber wenn er nicht selbst damit rausrückte, würde sie ihn auch nicht fragen.
Er legte seine Hände auf die Arbeitsplatte und starrte geistesabwesend aus dem Fenster, während Marie in einigen Metern Entfernung am Türrahmen lehnte. Sie überlegte sich, welches Ausmaß die Nachricht haben könnte, die er ihr mitteilen wollte, aber wohl nicht konnte. Sie versuchte, sich auszumalen, was das Schlimmste wäre, was er ihr sagen konnte, oder auch das Beste. Die Stille kam ihr wie eine halbe Ewigkeit vor.
"Åsa hat einen Zettel vom Hotel gefunden und gut lügen konnte ich noch nie", begann er schließlich. "Das war kurz nachdem wir uns das letzte Mal gesehen haben. Sie weiß, dass es eine "Andere" gibt, aber sie weiß nicht, dass du es bist." Das Wort "Andere" hatte besonders betont und bis der Satz über seine Lippen kam, hatte er noch überlegt, ob er ihn in Gegenwartsform oder Vergangenheit aussprechen sollte. "Was bedeutet das?" "Ich habe harte Wochen hinter mir, wir haben viel gestritten, uns versöhnt, uns ausgesprochen. Ich habe ihr noch nichts versprochen. Sie wollte gar nicht wissen, was mir die "Andere" bedeutet, oder ob ich sie verlassen werde. Sie weiß wohl, dass ich mich auf jeden Fall entscheiden werde. Komische Situation." "Was heißt das?", wiederholte Marie ihre Frage, auf die sie immer noch keine Antwort erhalten hatte.